Animal Hoarding in Kaserne bei Vitzeroda beendet

aktion tier und sein Projektpartner Tierschutzzentrum Meißen übernehmen 65 beschlagnahmte Hunde

Berlin / Meißen / Wartburgkreis, 14.11.2011.
Am vergangenen Freitag wurden im Rahmen einer unangekündigten Vor-Ort-Kontrolle rund 100 Hunde und 6 Katzen der Animal Hoarderin Marietta Praß behördlich beschlagnahmt. aktion tier und sein Projektpartner "Tierschutzzentrum Meißen" waren mit vor Ort und haben 65 Hunde sowie alle Katzen übernommen. Die Tiere wurden im Tierschutzzentrum Meißen untergebracht.

Die seit Jahren von Tierschützern beanstandete Hundehaltung auf dem ehemaligen Kasernengelände bei Vitzeroda ist nun zu Ende. Dies ist vor allem Mario Assmann vom Tierschutzzentrum Meißen zu verdanken, der immer wieder vor Ort war und verstärkt in den letzten Wochen die Behörden zum Handeln gedrängt hat. „Ich durfte nie das Gelände betreten aber allein das, was ich von außen gesehen habe, war nicht mit den Anforderungen an eine artgerechte Tierhaltung und -unterbringung vereinbar“, sagt Marion Assmann. Anfang 2010 hatten aktion tier und sein Projektpartner Tierschutzzentrum Meißen in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Veterinäramt bereits 16 Kasernenhunde übernommen. „Der schlechte gesundheitliche Zustand dieser Tiere hat damals schon gezeigt, dass die Tierhalterin massiv gegen Tierschutzvorschriften verstößt“, so der Leiter des Tierschutzzentrums Meißen.

Am 10.11.2011 ist es dann endlich so weit. Nachdem sich diverse Vertreter vom Veterinär- Bau- und Ordnungsamt mit Hilfe der Polizei Zutritt verschafft haben, beginnt die Kontrolle. Ein schwieriges Vorhaben, da alles sehr unübersichtlich ist. Das große Kasernengebäude mit zahlreichen Zimmern und Etagen, ein paar Schuppen, verwinkelte, provisorische Bretterverschläge, Panzergaragen, diverse Bauwagen und Schrottautos, ein Bunker im Garten – alles zugemüllt und verstellt mit Gerümpel. Theoretisch können hier überall Hunde untergebracht sein.

Nach etwa 1 Stunde beschließt das Veterinäramt aufgrund der festgestellten Zustände die sofortige Beschlagnahmung aller Hunde. Niemand kann sagen, wie viele Hunde tatsächlich hier leben. Das Einfangen der zum Teil sehr ängstlichen Tiere ist nicht einfach. Leine und Halsband sind unbekannte Gegenstände. Die etwa 15 Hunde in den Außengehegen sind bald verladen. Darunter auch ein Wurf Jagdhundmischlinge. Frau Praß hat offensichtlich nicht einmal verhindert, dass sich die Tiere vermehren.

Dann kommt das Hauptgebäude dran. Das Innere der Kaserne erinnert an die Kulisse für einen Gruselfilm. Im Erdgeschoß schlägt einem der beißende Gestank nach Verwesung und Hundekot entgegen. Da die Fenster größtenteils mit Brettern vernagelt sind, dringt nur vereinzelt etwas Licht herein. In Stiegen und auf dem Boden verteilt stapeln sich verwesende Schlachtabfälle, dazwischen Massen von Hunden, die nach draußen drängen. Das Kasernengebäude ist riesig, überall liegt Gerümpel und Sperrmüll herum, versperrt einem den Weg, macht eine Orientierung sehr schwierig. Die in dieser Dunkelhaft gehaltenen Hunde tappen zögernd nach draußen, blinzeln im hellen Tageslicht, erschnüffeln begierig Gerüche dieser unbekannten Außenwelt. In einem verdreckten Zimmer in der oberen Etage sind Katzen eingesperrt. Ganze Schweinelebern liegen unzerkleinert als Futter herum, die beiden als Katzenklo gedachten Kisten sind kniehoch mit Kot gefüllt. Auch diese Katzen werden beschlagnahmt.

Während des Einfangens der Hunde schleicht Marietta Praß, die angeblich schon in Hessen und bei Gera als Animal Hoarderin aufgefallen ist, wie ein Schatten durchs Haus. Sie nutzt die Zeit der hektischen Betriebsamkeit, um ausgewählte Hunde zu verstecken. Nur durch akribische Suche gelingt es später, auch diese Tiere zu finden. Unter anderem hat Frau Praß einen großen Labradormischling hinter Sperrmüll im Keller an ein Heizungsrohr gebunden, einen anderen Hund hat sie im Bauwagen versteckt.

Mit 65 Hunden und 6 Katzen verlassen die Mitarbeiter von aktion tier und Tierschutzzentrum Meißen am Nachmittag die Kaserne. Die Veterinärbehörde macht jedoch weiter und findet noch fast 40 Hunde im Gebäude. Die tierärztliche Untersuchung der Kasernenhunde im Tierschutzzentrum Meißen bringt die Folgen der katastrophalen Haltung ans Licht. Die vernachlässigten Tiere dünsten einen bestialischen Geruch aus, ihr Fell ist schmierig. Da sie keine Bewegung hatten und vorrangig mit Schlachtabfällen fehlernährt wurden, sind sie verfettet. Muskulatur ist kaum vorhanden, die Rücken hängen durch, ihre Bewegungen wirken behäbig und langsam. Die Gesäuge einiger Hündinnen sind infolge häufiger Trächtigkeit derart ausgeleiert, dass sie fast den Boden berühren. Massiver Floh- und Milbenbefall, großflächige Hautekzeme und Bissverletzungen sind fast überall vorhanden. Einige Hunde sind blind, manche taub. Durch das permanente Liegen auf hartem Boden haben sich große Liegeschwielen gebildet. Vereinzelt sind Geschwüre vorhanden, 1 Hündin mit einem riesigen offenen Geschwür an der Milchleiste muss sofort eingeschläfert werden. Eine tierärztliche Behandlung der Hunde während ihres Aufenthalts in der Kaserne hat offensichtlich nicht stattgefunden.

Das Tierschutzgesetz schreibt vor, dass die Kosten für die Unterbringung und tierärztliche Versorgung beschlagnahmter Tiere vom Verursacher zu tragen sind. Da dies von der mittellosen Hartz-4-Empfängerin Marietta Praß nicht zu erwarten ist und die zuständige Behörde derartig hohe Ausgaben nicht tragen kann, hat aktion tier die 65 Hunde und 6 Katzen kostenlos übernommen. „Diese Rettungsaktion wird unseren Verein ca. 40.000 Euro kosten“, sagt Ursula Bauer von aktion tier-Berlin. Nicht allein die sehr hohe Anzahl Tiere, sondern zusätzlich ihre schlechte körperlicher Verfassung machen eine intensive tierärztliche Betreuung und eine kostenintensive Ernährung mit Spezialfutter zumindest während der nächsten 6 Wochen erforderlich.

„Dass den Veterinärämtern für die Ausübung ihrer Pflichten kaum Geld zur Verfügung steht und aufgrund dessen immer wieder Tiere in nicht artgerechten Haltungen belassen statt beschlagnahmt werden, ist ein unerträglicher Missstand“, sagt Ursula Bauer von aktion tier-Berlin. In diesem Fall konnte das zuständige Veterinäramt mit Hilfe von aktion tier die Beschlagnahmung schnell und konsequent durchführen. Außerdem wurde Frau Praß ein Tierhalteverbot, bezogen auf Hunde und Katzen, erteilt. „Es wurde uns zugesichert, dass alle Rechtmittel ausgeschöpft werden, damit Frau Praß nie mehr Hunde und Katzen halten darf“, sagt Ursula Bauer von aktion tier-Berlin.

aktion tier wird nun Strafanzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft erstatten, damit Frau Praß endlich für das, was sie den Tieren angetan hat, zur Verantwortung gezogen wird.

Der MDR strahlt voraussichtlich am kommenden Mittwoch in der Sendung „Exakt“ ab 20.15 Uhr einen Beitrag über den Fall aus.

aktion tier – menschen für tiere e.V. ist deutschlandweit eine der mitgliederstärksten Tierschutzorganisationen. Der Verein hat sich zur Aufgabe gemacht, die Bevölkerung durch Kampagnen und Informationsveranstaltungen auf Missstände im Tierschutz aufmerksam zu machen und Lösungen aufzuzeigen, wie diesen nachhaltig begegnet werden kann.

Weitere Informationen bei:

Diplom-Biologin Ursula Bauer
aktion tier-Geschäftsstelle Berlin
Tel.: 030 30103831,
Mobil: 0178 4550868,
Berlin@aktiontier.org

Herr Mario Assmann,
Tierheim Meißen Winkwitz e.V.
Tel.: 03521 730 169
Tierheim-Winkwitz@web.de


aktion tier – menschen für tiere e.V.
Pressestelle
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